Dr. Stefan Lang am 14. Juli 2017

Fachartikel auf englisch schreiben: Sind Native Speaker besser?


Kategorie Scientific English

In letzter Zeit höre ich gelegentlich, dass ein Journal einen eingereichten Fachartikel wegen eines vermeintlich schlechten englischen Schreibstils abgelehnt bzw. die Überarbeitung durch einen Native Speaker verlangt hat, also durch eine Person, deren Muttersprache Englisch ist. Aber sind Native Speaker wirklich die besseren Autoren? Diese Frage versuche ich in diesem Blog-Beitrag zu diskuttieren.

Sind Native-Speaker die besseren Autoren? Meine Antwort lautet definitiv: Nein. Denn die Qualität eines wissenschaftlichen Autors bzw. einer Autorin hat an erster Stelle etwas mit der wissenschaftlichen Denkweise und dem Hintergrundwissen zu tun und an zweiter Stelle mit den didaktischen Fähigkeiten des Autors oder der Autorin, also mit der Fähigkeit einen Text sinnvoll zu strukturieren und verständlich aufzubauen. Erst an dritter Stelle kommen die Scientific-English-Fähigkeiten.

Schreiben Native Speaker bessere Fachartikel, weil sie besser Englisch können?

Sind die Scientific-English-Fähigkeiten der Native Speaker per se besser? Auch hier: defintiv nein. Auch nicht, wenn es sich um Native-Speaker-Wissenschaftler handelt. Denn das Wissenschaftsenglisch soll möglichst einfach und klar sein (plain language) , damit die Scientific Community weltweit den Text problemlos verstehen kann. Und das schaffen die meisten Non-Natives problemlos und oftmals recht gut.

Vielleicht ist das sogar ein Vorteil der Non-Natives: Sie sind gar nicht in der Lage, umständliche und verschachtelte englische Sätze zu formulieren, und ihr Wortschatz beschränkt sich auf die im Scientific English gebräuchlichen Worte. Einfache Sätze und gebräuchliche Worte – genau so soll das Wissenschaftsenglisch ja aussehen.

Kein Fehler beim Scientific-English erlaubt!

Andererseits ist klar: Ein eingereichtes Manuskript muss fehlerfrei sein. Grammatik- und Rechtschreibfehler schmälern die Erfolgsaussichten eines Fachartikels immens, da die Reviewer zurecht annehmen, dass jemand, der sehr nachlässig mit der Sprache umgeht, auch zu nachlässig im Labor arbeitet.

Wenn man es nicht schafft, seinen Fachartikel mithilfe eines Korrekturprogramms oder einer KI (z.B. DeepLWrite) in einen fehlerfreien Zustand zu versetzen, dann sollte man auf die Hilfe eines Native-Speakers zurückgreifen, der mit den Gepflogenheiten des Wissenschaftsenglisch vertraut ist. Die notwendigen Fachbegriffe sollte er oder sie kennen.

Fachartikel abgelehnt wegen sprachlicher Mängel?

Kleine Geschichte am Rande: Ich kenne viele Native-speaking Medical Writer, die jedoch in Deutschland leben und arbeiten. Wenn sie also einen Originalartikel einreichen, vermuten die Journals und ihre Gutachter aufgrund der Kontaktdaten jedoch einen Non-Native Writer.

Manchmal lehnen sie das Paper dann aufgrund des angeblich schlechten Wissenschaftsenglisch ab – oder verlangen die Überarbeitung durch einen Native-Speaker, was ja absurd ist, da das Paper ursprünglich von einem Native-Speaker geschrieben wurde.

Sollte Ihnen also so etwas widerfahren, ärgern Sie sich nicht. In den meisten Fällen ist der Ablehnungsgrund nur vorgeschoben und hat nichts mit Ihren sprachlichen Fertigkeiten zu tun.