Dr. Stefan Lang am 16. Oktober 2017

Die Abkürzung in Doktorarbeit und Paper


Kategorie Kampagne für Verständlichkeit

Liebe Autoren und Autorinnen, Euch ist sonnenklar, was Ihr mit „RT“ meint. Deswegen habt Ihr auch die Abkürzung in Eurem Paper nicht erklärt. Weder im Abstract, noch im Artikel. Irgendwann konnte ich mir erschließen, dass Ihr „radiotherapy“ und nicht „room temperature“ meintet oder „reverse transcriptase“. Aber es war zu spät: Ich hatte keine Lust mehr, weiterzulesen.

Werden Abkürzungen in Doktorarbeit oder Paper nicht richtig eingeführt, dann kann das böse Konsequenzen haben:

Abkürzungen in einer Doktorarbeit aus der Medizin müssen eingeführt werden.Leser, die eine vermeintlich geläufige Abkürzung einfach nicht kennen, weil sie nicht zum engsten Kreis der Spezialisten zählen, werden ausgeschlossen. Eine Diskussion über die Fachgrenzen hinweg wird unmöglich, der Blick über den Tellerrand auch. Nicht gut für die Wissenschaft.

Außerdem spricht aus der stoffeligen Verwendung unerklärter Abkürzungen eine gewisse Arroganz. „Wer nicht vom Fach ist, den geht das auch nichts an.“ Ich dachte, so etwas gibt es nur in Internet-Foren, aber nicht in der Wissenschaft – weit gefehlt. Ich finde das nicht gut.

Deswegen, einfach mal zur Erinnerung, die Regeln zur Verwendung von Abkürzungen beim wissenschaftlichen Schreiben:

Generelle Regeln zu Abkürzungen beim wissenschaftlichen Schreiben

  • Beim wissenschaftlichen Schreiben (Doktorarbeit, Paper) müssen Abkürzungen ohne Wenn und Aber eingeführt werden – und zwar bei der ersten Verwendung des entsprechenden Begriffs. Zuerst wird der Begriff ausgeschrieben. Die Abkürzung folgt in Klammern:
    regulatory T-cells (Tregs).
    …Patienten mit multipler Sklerose (MS)
  • Einmal eingeführt, benutzt man in seinem Paper oder seiner Doktorarbeit nur noch die Abkürzung, außer … siehe nächsten Abschnitt.

Wie viele Abkürzungen dürfen es sein?

  • Beim wissenschaftlichen Schreiben muss man nicht jeden Fachbegriff abkürzen, sondern nur wenn er sehr häufig (mehr als 10-mal) vorkommt oder wenn der ausgeschriebene Begriff sehr schwer lesbar ist (dann auch bei nur 3- bis 4-mal). Bei chemischen Verbindungen ist das oft so:
    Fluorescein isothiocyanate (FITC).
  • In diesem Zusammenhang: Auch ein Übermaß an Abkürzungen kann den Lesefluss in einem Paper oder in einer Doktorarbeit behindern:
    The Q2L subpopulation of CD8 positive MGCs was CR-labeled and detected by FBM imaging.

Wie kürzt man im Plural ab?

  • Führen Sie in Ihrem Paper einen Begriff in der Einzahl ein (mesangial glomerular cell [MGC]), sollten Sie bei der Mehrzahl ein „s“ anhängen: MGCs.
  • Haben Sie jedoch bereits die Mehrzahl eingeführt (infectious diseases [ID]), dann können Sie sich das „s“ sparen.

Kann man in seiner Doktorarbeit englische Abkürzungen benutzen?

Ich bin dafür, unbedingt. Denn die englischen Abkürzungen kennen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus den englischsprachigen Originalartikel und Reviews. „DNA“ kennt man, das deutsche Gegenstück „DNS“ sieht komisch aus.

Aber wie führt man eine englische Abkürzung in einem deutschsprachigen Text (Doktorarbeit) ein?

  • Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (Non-Small Cell Lung Cancer [NSCLC]) …
  • Damit ist die Abkürzung NSCLC eingeführt – fertig.

Genügt es, in seiner Doktorarbeit ein Abkürzungsverzeichnis zu haben?

Nein, genügt nicht. Auch ein Abkürzungsverzeichnis entbindet nicht von der Verpflichtung, im Text sämtliche Abkürzungen konsequent einzuführen.

Sonderfall: Abstract, Abbildungen, Tabellen und Titel

  • Eine Abkürzung, die in dem Abstract (Paper) oder in der Zusammenfassung (Doktorarbeit) eingeführt und verwendet wurde, muss im folgenden Text erneut eingeführt werden. Abstract und Text gelten bibliografisch nämlich als eigenständig. Ist einfach so.
  • Abbildungen und Tabellen gelten als „Stand alone“, Sie müssen mit den dazugehörigen Legenden verständlich sein. Daher müssen die Legenden der Doktorarbeiten und Paper alle Abkürzungen erklären, die in einer Abbildung oder Tabelle verwendet wurden.
  • Beim Titel scheiden sich die Geister: Manche Fachzeitschriften und Promotionsordnungen erlauben Abkürzungen im Titel (sofern sie allgemein bekannt sind), andere nicht.

Fazit

Es mag Abkürzungen geben, die Ihnen zwar sonnenklar erscheinen – Ihrem Leser jedoch noch lange nicht. Deswegen konsequent einführen, aber nicht zu viele.