Seit Menschen schreiben, beschäftigen sie sich mit der Verständlichkeit. Platon, der alte Grieche, setzte Dialoge als Stilmittel ein, um die Verständlichkeit zu erhöhen. Im technischen 20. Jahrhundert versuchte man, die Verständlichkeit durch Lesbarkeits-Scores in den Griff zu kriegen. All das gipfelte schließlich in den verschiedenen Verständlichkeitsmodellen – wichtig für all die, die mit ihrem Paper, Poster oder Review so richtig glänzen wollen.
Ein Verständlichkeitsmodell sagt uns, worauf wir beim Schreiben eines Papers, eines Reviews oder einer Doktorarbeit achten müssen. Das Ziel ist, einen durchgängig gut verständlichen und unkomplizierten biomedizinischen Text zu schreiben, trotz der Komplexität des wissenschaftlichen Inhalts.
Zwei Modelle habe ich herausgegriffen: Das Hamburger Verständlichkeitsmodell[1] und das CCC-Modell von Jan Renkema.[2] Ich versuche jeweils die Erkenntnisse kurz darzustellen, die für unsere Paper oder Doktorarbeiten wichtig sind.
Hamburger Verständlichkeitsmodell
Dieses Modell definiert vier Dimensionen der Verständlichkeit.
Einfachheit
Das beziehe ich auf die Wortwahl. Da wir in unseren Papern, Reviews und Doktorarbeiten zahlreiche abstrakte Fachbegriffe, Zahlen und Abkürzungen benutzen müssen, sollte zumindest der Rest einfach sein – keine lateinischen Fremdwörter, kein Fachjargon, keine Wörter, die man erst im Merriam-Webster’s Collegiate Dictionary nachschlagen muss. Beschränken Sie sich auf die im Scientific Writing üblichen Worte.
Struktur
Eine nachvollziehbare und logische Argumentation ist entscheidend für die Verständlichkeit. Und diese plant man am besten in einer detaillierten Gliederung. Außerdem wichtig: die Struktur der Absätze. Absätze sollten eine innere Struktur besitzen und das Thema des Absatzes im ersten Satz ankündigen (Paper-Protokoll).
Kürze
Die Kürze möchte ich vor allem auf die Sätze anwenden. Klar, der Umfang des Abstracts und manchmal auch der des gesamten Papers sind stark reglementiert und man darf sich daher kein überflüssiges Bla Bla erlauben. Doch nur ein bis zwei Satzmonster an den entscheidenden Stellen eines Papers können die ganze Verständlichkeit und Überzeugungskraft des Textes zunichte machen.
Stimulation
Die Aufmerksamkeit des Lesers stimulieren, kann man durch klare und übersichtliche Abbildungen und Tabellen. Außerdem: Satzzeichen. Wer nicht nur Punkt und Komma benutzt, sondern auch einmal einen Gedankenstrich einfließen lässt, setzt kleine Highlights in seinem Text.
CCC-Modell von Jan Renkema
CCC steht für Correspondence – Consistency – Correctness. Das bedeutet:
Korrespondenz
Wählen Sie die geeigneten Mittel, um Ihren Leser zu erreichen, und stellen Sie die eigenen Vorlieben zurück. Diese Mittel sind:
- Textsorte: Entscheiden Sie sich je nach Projekt für einen Originalartikel, Case Report, Review und auch für ein Short Communication Paper.
- Inhalt: Präsentieren Sie Ihrem Leser alle Informationen, die er braucht – aber auch nicht mehr.
- Struktur: die richtige Gliederung mit ausreichender Kohärenz. Stellen Sie am Ende der Introduction drei Teilfragen, sollte die Discussion auch mit drei Antworten beginnen – in der gleichen Reihenfolge.
- Wortwahl: Manchmal muss man Worte auf die Goldwaage legen und nach einem wirklich präzisen Begriff suchen.
- Präsentation: Beziehe ich wie die Stimulation des Hamburger Modells auf Abbildungen und Tabellen. Bei Doktorarbeiten betrifft dies auch das Layout.
Konsistenz
Das eben genannte muss durchgängig angewendet werden. Ist man an der ein oder anderen Stelle schlampig, leidet die Verständlichkeit des gesamten Papers oder Reviews.
Korrektheit
Der wissenschaftliche Inhalt muss korrekt sein, unbedingt, klar. Doch wenn Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung fehlerhaft sind, wird der Leser annehmen, dass es auch um die Korrektheit des Inhalts nicht allzu gut bestellt ist.
Fazit
Man sollte sich diese beiden Modelle vor Augen führen, bevor man anfängt sein Paper oder seine Doktorarbeit zu schreiben. Viele Aspekte der Verständlichkeit (besonders die Struktur) habe ich im Paper-Protokoll behandelt. Die anderen Aspekte oder „Dimensionen“ stehen hier im Blog.
[1] Langer I, Schulz von Thun F, Tausch R. 1974. Verständlichkeit in Schule, Verwaltung, Politik, Wissenschaft. München/Basel: Reinhardt.
[2] Renkema J. 2009. Improving the quality of governmental documents: A combined academic and professional approach. In W. Cheng, & K.C.C. Kong (Hrsg.), Professional communication: collaboration between academics and practitioners. 173–190.