Dr. Stefan Lang am 13. September 2016

Medizinische Daten beschreiben und präsentieren: mit Stil!


Kategorie Schreib- und Publikationsprozess

Wer viele medizinische Texte lesen muss, stellt fest: Die einen gehen runter wie Butter, die anderen sind zäh wie Kaugummi. Das liegt nicht immer am komplizierten wissenschaftlichen Inhalt, sondern sehr oft am Stil des Textes und der Daten-Präsentation.

Die Wissenschaftssprache in der Medizin muss nicht staubtrocken sein – sie kann frisch und lebendig klingen. Die folgenden Maßnahmen helfen, medizinische Daten leicht lesbar und überzeugend zu präsentieren, mit Stil.

Fünf Maßnahmen, medizinische Daten stilistisch hochwertig zu präsentieren:

  • Klare Argumentation
  • Kernbotschaften statt Roh-Daten
  • Übersichtliche Abbildungen und Tabellen
  • Konkrete Sprache statt Klinik-Jargon
  • Zielpublikum im Blick

Klare Argumentation: Grundlage der Daten-Präsentation

Damit der Leser die Bedeutung Ihrer Daten verstehen kann, sollten sie in eine klare Argumentation eingebettet werden. Dafür eignen sich die in der Wissenschaft bewährten Argumentationsmuster wie etwa Frage – Antwort oder Problem – Lösung (siehe unten).

Ein Argumentationsmuster sollte immer an besonders exponierten Textstellen präsentiert werden. Das sind zum Beispiel das Ende der Introduction (Frage, Problem) und der Beginn der Discussion (Antwort, Lösung). Auch für die Zwischenschritte (Results) gibt es Textstellen, die mit hoher Aufmerksamkeit wahrgenommen werden: Das sind die Anfangssätze der Absätze sowie die Titel der Abbildungen und Tabellen.

Benutzen Sie für Frage – Antwort oder Problem – Lösung ein einheitliches Wording. So können Leser und Leserin die starke inhaltliche Verbingung Ihrer Argumentation sofort erkennen.

Gängige Argumentationsmuster:

  • Frage – Antwort
  • Problem – Lösung
  • Ist-Zustand – Soll-Zustand
  • Bestandsaufnahme – Empfehlungen

Kernbotschaften statt Roh-Daten

Es genügt nicht, in einem medizinischen Text die Daten einfach herunter zu beten und sie dem Leser ohne Erklärung zu präsentieren. Veraten Sie stattdessen Ihren Lesern, was die Zahlen Ihrer Meinung nach bedeuten, also wie Sie die Daten konkret interpretieren. Entgegen eines weit verbreiteten Mythos sollte man diese Kernbotschaften bereits bei den Results nennen. Andernfals wären die Leser gezwungen, die Daten und Messergebnisse selber auszuwerten und zu interpretieten. Und das kann schiefgehen.

In der Discussion eines mediinischen Textes darf man die konkrete Datenlage verlassen und spekulieren. Auch daraus lassen sich (naheliegende) Kernbotschaften formulieren. Watson und Crick haben in ihrer Publikation zur DNA-Doppelhelix (1953; Pubmed-Link) nicht nur von der spezifischen Basenpaarung berichtet. Sie haben darüber hinaus spekuliert, dass die Basenpaarung womöglich die Grundlage für einen DNA-Kopiermechanismus ist. Eine spannende Kernbotschaft.

Kernbotschaften im Medizin-Text:

  • Kernbotschaften der Results-Section: Daten-Interpretation
  • Kernbotschaften der Discussion: Schlussfolgerungen, Empfehlungen, naheliegende Spekulationen

Übersichtliche Abbildungen und Tabellen

Eine Abbildung kann den springenden Punkt einer Studie oder Experiments illustrieren. Und auch ein kompliziertes Behandlungsschema und ein aufwendiger Versuchsaufbau lassen sich in einer Abbildung übersichtlicher darstellen als in einem Fließtext.

Damit Abbildung und Tabelle übersichtlich bleiben, sollten Sie jedes Detail prüfen: Ist es wirklich notwendig? Klar, die Daten müssen vollständig sein und statistische Details sollten nicht verschwiegen werden. Andererseits müssen Sie in einem Fließtext nicht Ihren Fleiß dokumentieren. Dafür gibt es keine Extra-Punkte. Beschränken Sie sich daher auf die Details, die für Ihr Argumentationsmuster eine gewisse Aussagekraft besitzen.

Lesen Sie hier im Blog weitere Beiträge zum Stil wissenschaftlicher Abbildungen und Tabellen:

Konkrete Sprache statt Klinik-Jargon

Wollen Sie einen richtig langweiligen medizinischen Text schreiben, der nicht gelesen wird? Dann benutzen sie möglichst viele lateinische Fremdwörter, machen Sie zum Beispiel aus einer neuen Methode eine methodische Novität oder aus den mannigfaltigen Behandlungsmöglichkeiten ein therapeutisches Armamentarium.

Im Ernst: Medizinische Texte benötigen Fachbegriffe. Fachbegriffe verlangen jedoch dem Leser (für den Ihr Text komplettes Neuland ist) ein hohes Maß an Konzentration ab. Verzichten Sie daher auf Fremdwörter und Klinik-Jargon, um die Konzentration Ihrer Leser nicht zu überfordern.

Zielpublikum im Blick

Präsentieren Sie Ihre Daten einem allgemein medizinisch vorgebildeten Publikum oder haben Sie es mit Spezialisten eines bestimmten Fachbereichs zu tun? Die Frage ist wichtig, etwa wenn Sie den Hintergrund Ihres Projektes schildern. Ein eher allgemeines Publikum, das sich aus verschiedenen Fachbereichen zusammensetzt, benötigt grundlegende Informationen zur Indikation. Für Spezialisten wären die gleichen Infos dagegen langweilig und fast eine Zumutung.

  • Zielpublikum: vgl. Scope Ihres Ziel-Journals

Fazit

Machen Sie den Test und probieren Sie diese 5 Maßnahmen bei Ihrem nächsten medizinischen Text oder bei Ihrer nächsten Präsentation aus. Mal sehen, was Ihre Koautoren, Reviewer, Leser oder Zuhörer dazu sagen …

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